Korn schwingt im Wind. Kühe grasen auf sattgrünen Wiesen. Und ich atme die frische Luft ganz tief ein. Seit einigen Kilometern bin ich jetzt auf einem alten Wirtschaftsweg im Waldecker Land unterwegs. Schotter knirscht unter meinen Reifen, untermalt vom leisen Rauschen der Eder.
Der Fluss begleitet mich auf der gesamten zweiten Etappe der GeoRadroute. Mal ist er zum Greifen nah. Dann wieder ein paar Meter entfernt. Aber eigentlich nie außerhalb meines Blickfeldes. Die Eder ist aber nur ein Highlight der GeoRadroute. Und genau diese Vielseitigkeit ist es, die für mich den besonderen Reiz der Radroute ausmacht.
Quer durchs schöne Sauerland
Vier Tage lang bin ich auf der Radroute quer durchs Sauerland geradelt. Habe abwechslungsreiche Landschaften, pittoreske Orte und einige anspruchsvolle Steigungen erlebt. Wenn du schon mal im Sauerland warst, weißt du ja, wovon ich spreche.
In der Vergangenheit war ich bisher nur zum Skifahren und Mountainbiken in der Region. Aber vor einiger Zeit habe ich die Grenzregion von NRW und Hessen auch als Urlaubsziel für mehrtägige Radwanderungen entdeckt. Den berühmten RuhrtalRadweg kannte ich natürlich und auch vom Eder- bzw. Diemel-Radweg hatte ich schon mal gehört. Die GeoRadroute war mir hingegen neu. Nachdem ich sie kennengelernt habe, kann ich euch aber sagen: Sie muss den Vergleich mit den bekannten Radstrecken nicht scheuen.
Der gesamte Radweg ist als Rundweg konzipiert und verbindet auf 213 Kilometern das Sauerland mit dem Waldecker Land. Von Willingen bin ich in vier Etappen über Waldeck, Frankenberg und Winterberg wieder zurück nach Willingen gefahren. Ehe ich dich in den kommenden Tagen mit detaillierten Infos zu den einzelnen Etappen versorge, präsentiere ich dir hier erst mal ein paar allgemeine Fakten und besondere Highlights. Denn die GeoRadroute Ruhr-Eder ist alles andere als ein normaler Fahrradweg.
Spektakuläre Erdgeschichte zum Anfassen
Wer auf der GeoRadroute unterwegs ist, kann im wahrsten Sinne „durch die Erdgeschichte radeln“. Überall entlang der Strecke gibt es Stationen, die geballte Infos zur Geologie des Sauerlandes und des Waldecker Landes liefern. Wusstet ihr, dass im Mittelalter hier Gold geschürft wurde? Mir war das neu und deshalb habe ich mit großer Begeisterung die Informationen entlang der Route aufgesogen. Spannend war auch mein Stopp im Geopark GrenzWelten: Denn hier findet ihr sowohl Relikte der Bergmannszeit, als auch spektakuläre Naturdenkmäler. Mein persönliches Highlight im Geopark ist der Eder-Stausee, einer der größten – und für mich schönsten – Stauseen in ganz Deutschland. Du kannst deine Radtour hier wunderbar mit einer kleinen Schiffstour verbinden – gerade an heißen Tagen eine willkommene Abkühlung.
Unterwegs auf ehemaligen Bahntrassen
Kleine Info am Rande: Etwa 40 Kilometer verläuft der Radweg über ehemalige Bahntrassen. Auf diesen ebenen Abschnitten könnt ihr euch ein bisschen erholen. Und neue Kraft sammeln für die nächsten Herausforderungen – denn in der Mittelgebirgsregion des Sauerlandes geht es natürlich gelegentlich auch schon mal stramm bergauf.
Folge dem „Korbacher Dackel“
Das Symbol der GeoRadroute Ruhr-Eder ist ein eigentümliches Tierchen, das auf den ersten Blick wie eine Mischung aus Säugetier und Eidechse anmutet. Beim sogenannten „Korbacher Dackel“ handelt es sich um ein Procynosuchus – ein urtümliches Wesen, das einst im Sauerland gelebt hat und dessen Überreste in der Korbacher Spalte gefunden wurden. Und so wurde der etwas unförmige „Dackel“ zum Logo der Georadroute Ruhr-Eder.
Fazit: Die Route ist insgesamt gut ausgeschildert, eine zusätzliche Karte oder ein GPS Gerät schaden aber natürlich auf solch langen Strecken nie. Auf einigen Teilstrecken folgt die GeoRadroute anderen großen Radwegen wie dem RuhrtalRadweg, dem Eder-Radweg oder dem Ederseebahn-Radweg. Durch die zusätzliche Beschilderung ist verfahren hier quasi unmöglich.
GeoRadroute Etappe I – von Willingen nach Waldeck
Kikeriki. Als der Hahn kräht, sitze ich schon längst im Frühstücksraum. Denn heute liegt die längste Etappe der GeoRadroute Ruhr-Eder vor mir: 70 Kilometer von Willingen nach Waldeck quer durchs Sauerland und Waldecker Land. Bergauf und bergab. Dafür stärke ich mich mit einem ausgiebigen Frühstück und packe gleich noch zwei Vollkorn-Brötchen in die Fahrradtaschen.
Um 8 Uhr schwinge ich mich dann vor der Pension Schröder auf den Sattel und fahre los. Sanftes Morgenlicht fällt auf die Wiesen und Wälder in Willingen. Ein Schmetterlingspaar tanzt vor mir in der Luft und ich bin einfach nur glücklich, an einem solchen Tag in der Natur sein zu dürfen.
Start an der Mühlenkopfschanze in Willingen
Schon wenige Meter nach dem Start verlasse ich den offiziellen Weg, um einen kurzen Abstecher zur Mühlenkopfschanze zu machen. Neben dem Viadukt, das letztes Jahr seinen hundertsten Geburtstag feierte, ist die größte Skisprung Großschanze der Erde das Wahrzeichen von Willingen. Die Sportstätte übt eine besondere Faszination auf mich aus und ist zugleich der perfekte Ort um ein Start-Foto meiner viertägigen Radreise auf der GeoRadroute Ruhr-Eder zu machen.
Die GeoRadroute folgt hier dem Hessischen Radfernweg R5 aus Willingen heraus und führt in Richtung Usseln. So früh ist noch nichts los und ich genieße die Geräusche der Natur: Neben dutzenden Vogelstimmen höre ich summende Insekten und ein gelegentliches Muh. Außer ein paar Kühen, die durch das Surren meines E-Bikes irritiert aufschauen, scheint noch niemand auf den Beinen zu sein.
Das Curioseum bei Usseln
Die GeoRadroute führt in diesem ersten Teil größtenteils über gut ausgebaute Radwege. Ich passiere die letzten Skilifte des Hochsauerlandes, die im Sommerschlaf liegen, und sehe vor mir auf der Landstraße das Curioseum: Ein Museum mit technisch kuriosen Exponaten aller Art.
Landschaften wie Patchwork Decken
Auf dem weiteren Weg nach Medebach ergeben sich immer wieder wunderschöne Weitblicke über die Wälder und Wiesen des Sauerlandes. Hellgrün, dunkelgrün und dazwischen die goldgelben Kornfelder. Die Farbtöne wechseln sich stetig ab und muten wie eine riesige Patchwork Decke an, die Riesen über die Berge gelegt haben. Ich muss mich zwingen, nicht alle paar Meter anzuhalten, um ein Foto zu machen.
Das städtische Museum in Medebach
Unterwegs sammele ich fleißig die ersten Geocaches ein, und dann komme ich nach etwa 20 km in Medebach an. Das städtische Museum ist hier wirklich beeindruckend und einen Stopp wert. Das Bürgerhaus des späten 18. Jahrhunderts bietet einen kleinen Vorgeschmack auf die vielen urigen Fachwerkdörfer und historischen Stadtkerne, die auf der Tour noch folgen werden.
Goldrausch im Sauerland
Danach wird es anstrengend. Obwohl Waldeck, der Zielpunkt der Etappe, 400 Höhenmeter tiefer liegt als Willingen müssen auf der Strecke 650 Höhenmeter Anstieg bewältigt werden. Doch die Mühe lohnt sich, denn am Ende des Aufstiegs könnt ihr in Goldhausen – Was für ein schöner Name, findet ihr nicht? – das erste geologische Highlight auf der Tour erleben. Das Besucherbergwerk am Eisenberg zeigt, wie die Menschen im Mittelalter den Bergen Gold abgetrotzt haben. Nach Schätzungen befindet sich auch heute noch eine Tonne Gold im Eisenberg. Kurz bin ich versucht, zu graben. Dann entscheide ich mich aber doch fürs Weiterradeln.
Historischer Stadtkern von Korbach
Auf der rasanten Abfahrt durch Nordenbeck sehe ich in der Entfernung schon den St. Kilian Kirchturm von Korbach. Auf dem Radweg nähere ich mich dem historischen Stadtkern und bin total begeistert. Hier solltet ihr auf jeden Fall etwas Zeit einplanen um die alten Fachwerkhäuser und urigen Gassen zu besichtigen. Gestärkt mit einem Eiskaffee starte ich dann zum letzten Drittel der ersten Etappe auf der GeoRadroute.
Ederseebahn Radweg
Direkt am Ortsausgang von Korbach beginnt ein ganz besonderer Teilabschnitt: Eine restaurierte historische Rangierlokokomotive und Signalanlagen machen deutlich, dass hier eine ehemalige Bahntrasse verläuft. Wo früher die Ederseebahn fuhr, radeln heute Urlauber vorbei an Höringhausen und Sachsenhausen bis ins Reiherbachtal.
Auf dem vollständig asphaltierten Radweg ohne nennenswerte Höhenunterschiede könnt ihr richtig Tempo machen. Ich fühle mich wie Jim Knopf auf meinem E-Bike, als ich die 20 km mit Höchstgeschwindigkeit durch das grüne Meer der alten Bahnböschungen fahre.
Ankunft am Edersee bei Nieder-Werbe
Kurz vor dem Selbacher Viadukt verlasst ihr den Ederbahnradweg wieder und radelt auf Wirtschaftswegen durch den Wald weiter in Richtung Waldeck. Eine Schutzhütte mit Kneipbecken kommt mir für einen letzten Stopp gelegen. Nach dieser kurzen Erfrischung freue ich mich auf das große Finale dieser abwechslungsreichen Tour. Der Edersee ist nicht mehr weit und in Nieder-Werbe stoße ich auf das erste Vorstaubecken des Sees.
Der Ort hat eine bewegte Geschichte, die auf Tafeln entlang des Weges dokumentiert ist. Für den Bau des Eder-Stausees musste Anfang des 20. Jahrhunderts ein Teil des Dorfes geflutet werden. Neben den Tafeln, erinnert auch die 2014 errichtete Kirchturmspitze, die an der Stelle der versunkenen Kirche aus dem Vorstaubecken ragt.
Ausrollen am Ufer des Edersees
Entspannt radle ich die letzten Kilometer entlang des Edersee-Ufers. Der See glitzert bereits in der abendlichen Sonne und die Segler haben Kurs auf den Hafen genommen. Nach 75 km erreiche ich mein Etappenziel: Das Waldhotel Wiesemann in Waldeck.
Übernachtungstipp Waldhotel Wiesemann
Das Waldhotel Wiesemann liegt direkt an der GeoRadroute auf einer kleinen Anhöhe am Ufer des Edersees. Die Atmosphäre in dem kleinen Familienbetrieb ist freundlich und die Küche vorzüglich. Eure Muskeln könnt ihr in der Sauna oder im hoteleigenen Schwimmbad regenerieren und euch fit für die nächste Etappe machen. Ein echtes Highlight ist der Seeblick. Am Abend habe ich noch lange auf meinem Balkon gesessen und den Himmel betrachtet. Wie er seine Farbe von einem kräftigen Rot in tiefes Blau und schließlich nächtliches Schwarz verwandelt. Letztlich habe ich nur noch die schwankenden Lichter der Anglerbötchen und die illumierte Edertalsperre gesehen.
GeoRadroute Etappe II – von Waldeck nach Frankenberg
Es ist frisch, als ich am frühen Morgen mit meinem Rad die kleine Anhöhe vom Hotel zum Edersee herunterrolle. Über dem See liegt dichter Morgennebel und es riecht feucht und würzig nach dem Sommerregen der letzter Nacht. Am Ufer schnattern zwei Schwäne und in der Ferne erklingt das Horn der ersten Fähre. Ansonsten ist es noch ganz still im sauerländischen Waldeck.
Start an der Edertalsperre
Ich freue mich auf die zweite Etappe der GeoRadroute Ruhr-Eder. Auf diesem Teilstück begleitet die Eder mich den gesamten Weg: vom Stausee in Waldeck bis ins 50 Kilometer entfernte Frankenberg. Nach wenigen Minuten erreiche ich bereits die imposante Staumauer der Edertalsperre. Ich bin total beeindruckt und nutze die morgendliche Ruhe, um mir alles im Detail anzusehen und dutzende Fotos zu schießen. Die Zeit verliere ich dabei komplett aus den Augen. Als ich mich endlich wieder aufs Rad schwinge, sind bereits zwei Stunden vergangen und ich habe erst fünf Tageskilometer geschafft.
Direkt hinter der Talsperre geht es kurz bergauf bevor ich auf dem Schotterweg zum Ufer hinabrollen kann. Ich genieße den Geruch des noch feuchten Waldes und freue mich, einen weiteren schönen Tag in der Natur verbringen zu dürfen. Vorbei an verlassenen Anglerhütten und kleinen Bootsanlegern führt mich der Weg bis zum Ufer des Edersees.
Aussicht auf Schloss Waldeck
An einer kleinen Landzunge halte ich an. Denn von hier habe ich einen sehr schönen Ausblick auf Schloss Waldeck. Die schlossartig ausgebaute Burganlage aus dem 12. Jahrhundert befindet sich oberhalb von Waldeck auf einem bewaldeten Berg und ist weit über den Edersee zu sehen.
Der Weg führt weiter durch den Wald und ich fahre über einen verschlafenen Campingplatz. Am Waldrand liegen einige ramponierte Boote – die mir wenig schwimmtauglich erscheinen. Dennoch sind einige wagemutige Angler bereits auf dem See und haben ihre Leinen ausgeworfen.
Aussichtspunkt „Weißer Stein“
Ich erreiche Rehbach. Nach Waldeck der nächste Ort auf der Route. Rehbach wirkt geradezu maritim: Mit einer kleinen Uferpromenade, einem gepflegten Badestrand und einem eigenen Yachthafen. Natürlich gibt es hier auch einen Anleger für die Edersee-Fähre. Etwas oberhalb von Rehbach liegt der Aussichtspunkt „Weißer Stein“. Von hier genieße ich einen tollen Ausblick über den See: Von Bringhausen über Scheid bis weit in die Nieder-Werber Bucht.
Liebesinsel bei Bringhausen
Über die GeoRadroute fahre ich dann weiter in Richtung Bringhausen. Ebenso wie Nieder-Werbe – die Geschichte findet ihr auf der ersten Etappe – wurde auch Bringhausen 1914 für den Bau des Stausees komplett geflutet. Unweit vom Ufer liegt heute die Liebesinsel, wo sich früher eine Ritterburg befand. An gleicher Stelle entstand später das Dorf, das den Fluten weichen musste. Bei Niedrigwasser werden noch Teile der einstigen Häuser, Burgreste und die Fragmente der alten Brücke von Bringhausen sichtbar. Für mich hat dieses plötzliche Auftauchen der Gebäude etwas Gespenstisches.
Ich fahre weiter über den Radweg entlang des Ufers und durchquere den nächsten Campingplatz. Dort glühen bereits die ersten Grills und der Geruch von frischer Bratwurst steigt mir in die Nase. Eine kleine Stärkung könnte ich auch gut gebrauchen. Denn obwohl diese Etappe insgesamt nicht so viele Höhenmeter hat, gibt es doch ein paar knackige Anstiege.
Fahrradfähre am Edersee bei Asel-Süd
Durch den Wald fahre ich weiter am Ufer entlang bis nach Asel-Süd. Hier kann man optional mit der Fahrradfähre ans Nordufer übersetzen. Eine schöne Tour-Variation, um dann über das Nordufer bis nach Herzhausen zu fahren. Der Weg ist definitiv schöner als über die Landstraße. Ich habe das neulich noch mit dem Mountainbike ausprobiert. Hier gehts zum Artikel:
Mountainbiken am Edersee – Relaxen im Hotel Freund
Edersee Atlantis bei Asel-Süd
Die Fähre setzt allerdings nur so lange Radler über, wie der Wasserstand es zulässt. Wenn das Wasser aus dem Edersee größtenteils abgelassen ist, kommt ein weiteres Bauwerk des sogenannten Edersee Atlantis zum Vorschein: Die alte Aseler Brücke. Wie das aussieht, könnt ihr euch in diesem Artikel ansehen:
Aktivurlaub im Sauerland – Vier Sportarten und ein Wellnessfall
Nationalparkzentrum Kellerwald-Edersee
Kurz hinter Herzhausen lege ich am Nationalparkzentrum einen Stopp ein. Hier findet ihr nicht nur allerlei Wissenswerte über den Nationalpark, sondern könnt euch auch im zugehörigen Café für die letzten Kilometer auf dieser Etappe stärken.
Entlang der Eder und parallel der Bahnlinie führt der weitere Weg auf der GeoRadroute über breite Schotterpisten und Waldwege nach Ederbringhausen.
Aussichtsplattform Starenblick vor Frankenberg
Bevor ich schließlich in Frankenberg ankomme, überquere ich in Viermünden ein letztes Mal die Eder und folge dem Radweg entlang der Straße. Kurz vor dem Ziel entdecke ich noch eine tolle Aussichtsplattform und nutze die Gelegenheit den Greifvögeln beim Jagen zuzuschauen.
Mein Etappenziel – Das Hotel „Die Sonne“ in Frankenberg liegt mitten im historischen Stadtzentrum und die Steigung fordert meine letzten Kraftreserven. Das historische Rathaus mit seinen zehn Türmen und die vielen Fachwerkbauten drum herum sind wirklich traumhaft schön. Für eine ausführliche Besichtigung bin ich allerdings zu kaputt und vertage sie daher auf den nächsten Tag.
Übernachtungstipp – „Die Sonne“
Das 4 Sterne Superior Hotel Die Sonne liegt direkt im historischen Stadtkern von Frankenberg. Erst hatte ich Sorge, dass ich mit meinen Radklamotten hier deplatziert bin, wurde aber sofort herzlich in Empfang genommen. Mein Rad hat ein netter Mitarbeiter in die Tiefgarage gebracht, während ich gleich aufs Zimmer bin, um mich für den Spa umzuziehen. In dem großzügigen und geschmackvollen Wellnessbereich habe ich mich bestens von der Tour erholt. Und spätestens die kleine Kältekur aus dem Eisbrunnen hat meine Beine wieder fit für die nächste Etappe der GeoRadroute gemacht.
GeoRadroute Etappe III – von Frankenberg nach Winterberg
Die Sonne bahnt sich ihren Weg durch die Wolken und die ersten Strahlen erreichen die schmalen Gassen von Frankenberg. Es ist noch früh am Morgen, als ich durch die historische Altstadt schlendere. Ich bewundere die reich verzierten Fachwerkbauten und genieße die morgendliche Stille.
Wochenmarkt der Landfrauen in Frankenberg
Doch plötzlich ist es mit der Ruhe vorbei. Mit dem Wind erreicht ein unverständliches Gebrabbel meine Ohren. Und je weiter ich in Richtung des Marktplatzes gehe, desto lauter wird das Stimmengewirr. Als ich um eine Ecke biege, erkenne ich die Quelle des morgendlichen Trubels: Es ist der Wochenmarkt der Landfrauen, der von April bis Oktober im historischen Rathaus stattfindet. Was für eine Kulisse.
Frisches Brot. Hausgemachte Marmelade. Duftender Kaffee. Ich schnuppere in alle Richtungen und probiere ein paar der ländlichen Köstlichkeiten gleich am Stand. Die Bäuerinnen sind ausgesprochen freundlich und ich bedaure, dass ich in den Satteltaschen keinen Platz für ihre Produkte habe. Darum mache ich mich nach einem kleinen Rundgang wieder auf den Weg. Schwinge mich in den Sattel und rolle langsam durch die Altstadt.
Lockeres Einrollen in den Ederauen
Die heutige Etappe führt mich ins 40 KM entfernte Winterberg und beginnt mit einer gemütlichen Fahrt entlang der Eder. Abseits von Städten und Straßen verläuft die GeoRadroute hier über den hessischen Fernradweg R8: mitten durch Felder und Wiesen – die Eder immer in Sichtweite. Mir gefällt das lockere Einrollen in der ebenen Auenlandschaft. Ein Schwarm kleiner Vögel begleitet mich auf meinem Weg und schießt immer wieder aus den Kornfeldern hervor, sobald ich auf ein paar Meter rangekommen bin.
Beobachtungsstation des NABU in Rennertehausen
Kurz vor Rennertehausen entdecke ich am Wegesrand eine kleine Beobachtungsstation. Die Aussichtskanzel wurde vom NABU aus naturbelassenen, heimischen Baumstämmen gefertigt und verschafft mir einem wunderbaren Blick über die komplette Ederaue. Obwohl ich eigentlich noch gar keine Pause eingeplant hatte, verweile ich für längere Zeit. Genieße einfach die Aussicht und freue mich über die vielen Tiere, die ich entdecke.
Auf dem Linspher Radweg in Richtung Winterberg
Ausgeruht starte ich dann zum nächsten Streckenabschnitt. Das gemütliche Einrollen hat jetzt ein Ende. Ab Allendorf verläuft die GeoRadroute auf dem Linspher Radweg bis nach Winterberg. Knapp 700 Höhenmeter gilt es auf den nächsten 25 Kilometern zu erklimmen. Ebenso wie der Ederbahnradweg – den ihr von der ersten Etappe kennt – war der Lispher Radweg früher eine wichtige Eisenbahnlinie durch das Rothaargebirge. Bis 1966 verkehrte hier die Eisenbahn, seit 2008 ist die Strecke für Radler freigegeben. Der Linspher Radweg führt mich weg von der Eder und hin zur Ruhr.
„Der Schlund“ in Bromskirchen
Ein echtes Highlight dieses Teilabschnitts erwartet mich in Bromskirchen. Ein etwa 300 Meter langer Eisenbahntunnel von 1908, der auch „Der Schlund“ genannt wird. Inzwischen ist er zum Radtunnel umfunktioniert: asphaltiert und beleuchtet. Dennoch hat die Durchfahrt etwas Unheimliches. Direkt nach der Einfahrt wird es frostig kalt, und die Dunkelheit lässt das Licht am anderen Ende des Tunnels kilometerweit weg erscheinen.
Auffahrt nach Winterberg
Hinter Bromskirchen erhole ich mich auf dem letzten längeren Gefälle der Strecke und rolle die fast drei Kilometer bis nach Hallenberg. Danach beginnt die Auffahrt nach Winterberg – 15 Kilometer und etwa 300 Höhenmeter liegen noch vor mir. Die GeoRadroute verläuft hier weiterhin über den Damm der alten Bahnstrecke. Dank des gut asphaltierten Weges und der Motorenunterstützung meines E-Bikes fliege ich quasi zum Ziel.
Besuch im Bikepark Winterberg
Als ich mich Winterberg nähere, höre ich plötzlich lautes Scheppern aus dem Wald. Wie sich herausstellt, führt mein Weg direkt am Bikepark vorbei. Ich suche mir einen guten Platz, um mir die Sprünge der waghalsigen Biker anzusehen. Die Ketten scheppern und die Dämpfer der schweren Downhill-Bikes stöhnen bei jeder Landung. Irgendwann muss ich das auch noch mal – unter fachkundiger Anleitung – ausprobieren. Im Moment bin ich aber definitiv mit dem falschen Rad hier.
Ankunft in Winterberg
Als ich in Winterberg ankomme, wundere ich mich: Hunderte Menschen ziehen durch die Straßen, eine Blaskapelle spielt dazu und es werden dutzende Fahnen geschwenkt. Extra für mich? Das ist aber nett. Aber natürlich hat das alljährliche Schützenfest in Wahrheit nichts mit mir zu tun.
Ich entscheide mich gegen einen Besuch bei der St.-Georg-Schanze und für Kaffee mit Kuchen in einem der zahlreichen Cafés in der Innenstadt. Die Taktik, Sehenswürdigkeiten am frühen Morgen zu besichtigen, hat sich in den vergangenen Tagen immer bezahlt gemacht. Darum schaue ich mir jetzt lieber das bunte Treiben der Schützenbrüder an und hebe mir das Sightseeing für morgen auf.
Übernachtungstipp Oversum Winterberg
Ich staune nicht schlecht, als ich mein Rad vor dem Oversum in Winterberg abstelle: Denn es ist ein Ei – schwarz glitzernd und so überraschend, dass ich einfach schmunzeln muss. Das 4 Sterne superior Ski- und Vitalresort liegt am Stadtrand von Winterberg und wie überall im Sauerland werde ich trotz Radklamotten hier wieder sehr freundlich empfangen. Mein Rad steht sicher im abgeschlossenen Fahrradraum, während ich mich – ihr wisst es mittlerweile – auf dem Weg zum Saunabereich mache. Hier relaxe ich ausgiebig in finnischer Aufguss-Sauna, Bio-Sauna und Dampfbad. Denn morgen steht die letzte Etappe meiner Radwanderung auf der GeoRadroute an. Zurück nach Willingen müssen ein letztes Mal 900 Höhenmeter auf 60 Kilometern bezwungen werden – da muss ich ja schließlich wieder fit sein.
GeoRadroute Etappe IV – von Winterberg nach Willingen
Etwas wehmütig schiebe ich mein Rad aus dem Fahrradraum und befestige meine Satteltaschen am Gepäckträger. Heute ist schon der vierte und somit letzte Tag meiner Reise auf der GeoRadroute Ruhr-Eder. Aber ein bisschen freue ich mich natürlich auch auf die finale Etappe: Denn sie führt von Winterberg zurück nach Willingen und bietet noch einmal geballt das, was ich am Hochsauerland liebe.
St. Georg Sprungschanze
Bevor ich Winterberg verlasse, fahre ich noch zur St. Georg Schanze. Die letzten Meter sind wirklich hart: Ich kämpfe mich den Schotterweg hinauf. Oben angekommen merke ich, dass mein Plan aufgegangen ist – weit und breit ist keine Menschenseele zu sehen. Ich mache ein paar wirklich schöne Fotos und genieße die Aussicht auf Winterberg. Direkt unterhalb der Schanze befindet sich die Sommerrodelbahn „Schanzen Wirbel“, auf der ich gerne ins Tal gerast wäre, aber so früh am Morgen ist sie leider noch geschlossen.
Daher schwinge ich mich wieder in den Sattel. Die Innenstadt von Winterberg liegt nach dem gestrigen Schützenfest offenbar noch im Tiefschlaf. Ich habe den Marktplatz – auf dem am Vorabend noch geschäftiges Treiben herrschte – für mich alleine und schaue mich in Ruhe um. Wie in den anderen Städten auf der GeoRadroute herrscht auch hier der typische Baustil des Sauerlandes vor: reich verzierte Fachwerkhäuser und mit Schiefer verkleidete Fassaden.
Ruhrquelle
Über einen langen Anstieg verlasse ich die Stadt und radele zu meinem nächsten Ziel: der Ruhrquelle. Etwas holprig wird es, als ich kurz vor der Quelle den Wirtschaftsweg verlasse und über diesen schmalen Pfad weiter muss.
An der Quelle mache ich eine kleine Pause und lausche dem Plätschern des Wassers. Schon irgendwie faszinierend, wie aus diesem kleinen Rinnsal ein so großer Fluss werden kann. Auf den kommenden Kilometern verfolge ich dieses kontinuierliche Wachstum live, denn die GeoRadroute verläuft bis Olsberg entlang der Ruhr. Auf dieser Etappe teilt sie sich den Weg mit dem bekannten Ruhrtalradweg.
Olsberg
Es folgen einige richtig steile Abfahrten. Warnhinweise mit Angabe des Gefälles habe ich nur sehr selten auf Radwegen gesehen. Hier kommen sie aber geballt vor. So sehr mir die Abfahrten auch gefallen, die „Sorge“ vor den kommenden Anstiegen wächst von mal zu mal. Denn langsam spüre ich es in den Beinen und alles, was ich jetzt bergab rolle, muss ich bis Willingen wieder mühsam hinauf. Insgesamt hat die Etappe gut 900 Höhenmeter auf 60 Kilometern.
Größtenteils verläuft die Strecke über breite Wirtschaftswege abseits der Straße. Kühe liegen gemütlich auf ihren Weiden und etwas unterhalb meines Weges plätschert die Ruhr – inzwischen bereits zu einem erkennbaren Flüsschen herangewachsen – fröhlich vor sich hin.
Ich erreiche Olsberg und bin regelrecht dankbar für eine Eisdiele direkt am Wegesrand. Denn Stärkung tut jetzt wirklich Not. Ich genehmige mir einen leckeren Kaffee und zwei Kugeln Eis, bevor ich weiterfahre. Ich folge der Ruhr noch ein Stück durch die Stadt, bevor sich unsere Wege trennen. Ich fahre weiter in Richtung Brilon, während die Ruhr nach Westen abbiegt.
Brilon
Brilon ist dann schon aus der Entfernung zu sehen, und ich strampele mich durch eine letzte Senke zum Stadtkern hinauf. Der Marktplatz ist wirklich schön und der Brunnen in der Mitte von schmucken Fachwerkbauten umgeben. Ich laufe ein wenig umher und mache zahlreiche Fotos.
Willingen
Noch 13 Kilometer bis Willingen und zum Ende meiner Radreise auf der GeoRadroute. Kurz vor Brilon Wald entdecke ich noch ein schönes Waldfreibad. Allerdings ist es heute doch zu frisch zum Schwimmen und daher beschließe ich, die Badehose in der Satteltasche zu lassen.
Die letzten Kilometer fahre ich parallel zu den Bahnschienen auf einem Wirtschaftsweg. Die Fahrt durch den frisch aufgeschütteten Schotter fordert noch einmal meine letzten Kraftreserven. Dann komme ich direkt neben der Sommerrodelbahn in Willingen aus dem Wald heraus. Ein paar Meter weiter erreiche ich auch schon die Ettelsberg Seilbahn und den Hochheideturm – zwei weithin sichtbare Wahrzeichen der Stadt.
Übernachtungstipp Pension Schröder
Wer sich für Radfahren im Sauerland interessiert, wird früher oder später auf Christiane und Volker Schröder und ihre gleichnamige Pension stoßen. Ich komme seit vielen Jahren zum Mountainbiken hierher und genieße die familiäre Atmosphäre in der Pension Schröder. Statt Wellness gibt es hier ganz viel Fahrrad-Sachverstand und die besten Tourentipps für die Region. Die Pension Schröder ist offizielles ROSE Testcenter und wenn Volker nicht am Kochtopf steht, ist er mit seinen Gästen auf dem Mountainbike unterwegs. Zum Abendessen servieren die beiden nicht nur beste Hausmannskost, sondern auch allerlei Anekdoten aus dem Sauerländer Umland. Ich kann mir keinen besseren Start- und Zielpunkt für eine Radreise vorstellen.
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